In diesem Beitrag geht es um die Grundlagen der Wahrnehmung von Licht und den Aufbau und die Funktion des menschlichen Auges.
Übrigens: im Wissensschnipsel Strahlung vs. Licht geht es um die physikalische Betrachtung von Licht.
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Die Anatomie des menschlichen Auges
Das menschliche Auge ist ein komplexes System. Schauen wir uns einmal den Aufbau anhand der Zeichnung in Abbildung 1 an.
Das Auge ist von der Lederhaut und der transparenten Hornhaut umgeben. Diese sorgen in Kombination mit dem Glaskörper und der mit Kammerwasser gefüllten Vorderkammer für die Stabilität des Auges. Die Linse wird von den Ziliarmuskeln gehalten und je nach Sehsituation gestaucht oder gestreckt. Vor der Linse liegt die Iris, deren Öffnung als Pupille bezeichnet wird. Die Iris kann den Durchmesser der Pupille verkleinern, um in Abhängigkeit der Umgebungshelligkeit mehr oder weniger Licht ins Auge zu lassen.
An die Lederhaut grenzt die Aderhaut, die der Versorgung und dem Transport von Abfallstoffen der Sinneszellen auf der Netzhaut (Retina) dient (vgl. [1], S. 7). Außerdem gibt es zwei wichtige Bereiche auf der Retina, die Fovea und den blinden Fleck. Dazu aber später mehr. Damit es zu einem Reiz und damit zu einer Wahrnehmung kommen kann, muss die Strahlung in unserem Blickfeld auf unsere Retina gelangen. Die Darstellung in Abbildung 2 zeigt im Vergleich zu einer Kamera, wie das funktioniert.
Die Abbildung – Funktionsprinzip des menschlichen Auges
Der Aufbau einer Kamera ähnelt dem unseres Auges. Beide besitzen ein optisches System, eine Blende bzw. die Iris und einen Detektor bzw. die Retina.
Das Objekt, das wir ansehen, wird durch das optische System, bestehend aus der Hornhaut, dem Kammerwasser, der Linse und dem Glaskörper, auf der Retina abgebildet. Dabei wird die Linse in Abhängigkeit der Entfernung des Objektes durch die Ziliarmuskeln gestreckt oder gestaucht, damit die Abbildung scharf ist und wir das Objekt nicht verschwommen sehen. Die Hornhaut, das Kammerwasser und der Glaskörper dagegen sind nicht variabel. Die Änderung der Linse nennt man auch Akkommodation. Allerdings ist der Einstellbereich unserer Linse begrenzt und Objekte, die zu nah am Auge oder zu weit weg sind, können nicht mehr fokussiert werden. Der so genannte Nahpunkt, also die Entfernung zum Auge, bei der das Objekt noch fokussiert werden kann, nimmt mit dem Alter immer weiter ab, weil die Linse ihre Elastizität verliert und hart wird. Während der Nahpunkt mit 20 Jahren bei ca. 10cm liegt, sind es mit 40 Jahren knapp über 20cm, mit 60 Jahren etwa 1m und mit 70 Jahren sogar bis zu vier Meter (vgl. [2], S. 46).
Abbildungsfehler beim menschlichen Auge
Abgesehen von Problemen mit zunehmendem Alter, kann es auch vorkommen, dass andere Probleme eine klare Abbildung verhindern und man unscharf sieht. Funktioniert beispielsweise die Akkommodation nicht richtig, liegt der Fokuspunkt des Auges vor oder hinter der Retina und das Objekt wird unscharf abgebildet. Man spricht dann von einer Fehlsichtigkeit. Ursache dafür ist, dass die Brechkraft von Hornhaut und Linse nicht zu der Länge des Auges passt. In Abbidung 3 ist das einmal dargestellt. Solche Fehlsichtigkeiten können jedoch gut mit Brillen oder Linsen korrigiert oder mit einer Operation therapiert werden.
Ist die Brechkraft zu gering oder ist das Auges zu kurz, liegt der Fokuspunkt hinter der Retina. Man spricht dann von einer Weitsichtigkeit (Hyperopie). Ist die Brechkraft stattdessen zu stark bzw. das Auge zu lang, liegt der Fokuspunkt vor der Retina und man spricht von Kurzsichtigkeit (Myopie). Beim so genannten Astigmatismus ist die Brechkraft des Auges nicht radialsymmetrisch, so dass der Fokuspunkt für die beiden Achsen nicht in der gleichen Entfernung liegt. Ursache ist hier eine Hornhautkrümmung (vgl. [1], S.9).
Die Netzhaut – der Sensor des menschlichen Auges
Nachdem wir das optische System betrachtet haben, kommen wir nun zu dem Sensor des menschlichen Auges. Der Retina. Auf ihr befinden sich die für den Sehprozess entscheidenden Sehzellen, die Rezeptoren. Mehr Infos zu den Rezeptoren, der Kategorisierung in Zapfen und Stäbchen und ihren Eigenschaften findest du in diesem Beitrag. Die große Besonderheit des Aufbaus der Retina ist, dass sie eigentlich „verkehrtherum“ aufgebaut ist. Die Rezeptoren liegen unter einer Schicht von anderen Nervenzellen, die zur Signalverarbeitung und -weiterleitung genutzt werden. Der Grund ist, dass die Rezeptoren sich ständig an verschiedene Helligkeitssituationen anpassen müssen und damit die Sehpigmente ihre Struktur ändern müssen. Stichwort Adaptation. Daher liegen die Rezeptoren nah an der Aderhaut, um gut mit Nährstoffen versorgt zu werden und Abfallstoffe abtransportiert werden können. Das bedeutet aber auch, dass das Licht erst einmal diese Zellschichten passieren muss, bevor es eine Reaktion der Rezeptoren auslösen kann.
Fovea Centralis und unser blinder Fleck
Es gibt allerdings zwei Bereiche auf der Retina, in denen der Aufbau abweicht. Der erste ist die Fovea Centralis, ein kleiner Bereich von etwa 0,2mm Durchmesser, in dem es überwiegend Zapfen gibt und nur die Verbindungsbahnen der Nervenzellen über den Zapfen liegen. Die dazugehörigen Nervenzellen sind quasi zur Seite verschoben (hier findest du eine schöne Darstellung dazu). Die Fovea wird auch Bereich des schärfsten Sehens genannt, da das Licht durch die Linse bei Fokussierung eines Objektes direkt dort das Abbild erzeugt (vgl. [2], S.44ff).
In Abbildung 4 siehst du die Verteilung der Zapfen und Stäbchen auf der Retina. Wie zu sehen ist, sind im Bereich der Fovea fast keine Stäbchen vorhanden, dafür aber in den danebenliegenden peripheren Bereichen des Auges umso mehr. Hast du schon mal versucht bei Mondlicht eine Seite eines Buches zu lesen? Du wirst feststellen, dass dir das sehr schwerfallen wird, da beim Nachtsehen die Stäbchen aktiv sind und im Bereich der Fovea kaum Stäbchen vorhanden sind.
Der zweite besondere Bereich ist die Papille, unser blinder Fleck – wortwörtlich. Denn damit die Informationen von den Nervenzellen ins Gehirn geleitet werden können, müssen sie irgendwo das Auge verlassen. Und das tun sie etwa 15° versetzt zur optischen Achse im blinden Fleck. Dort kommen alle Nervenfasern zusammen und verlassen als Sehnerv das Auge Richtung Gehirn (vgl. [2], S. 51ff.). Unser Gehirn blendet diesen Bereich natürlich aus, bzw. interpoliert dort die fehlende Information, aber man kann ihn sichtbar machen. Im Internet gibt es viele Bilder dazu, schau beispielsweise mal auf Simplyscience vorbei, wenn du deinen blinden Fleck erleben möchtest.
Über den Sehnerv vom Auge zum Gehirn
Die Papille bildet den Übergang vom menschlichen Auge zum Gehirn, in dem der weitere Sehprozess stattfindet.
In Abbildung 5 ist dieser Übergang aus anatomischer Sicht schematisch dargestellt.
Es ist zu sehen, dass sich die Sehnerven beider Augen kreuzen. Diesen Kreuzungspunkt, die Sehnervkreuzung, nennt man auch Chiasma Opticum.
Das besondere ist, dass die Hälfte der Nervenfasern aus den Sehnerven ihren Weg ändern und in die gegenüberliegende Gehirnhälfte verlaufen, während die andere Hälfte der Fasern in die Seite des Gehirns führt, auf der sich auch das Auge befindet. Dabei wechseln nur die Nervenfasern die Seite, die zum nasalen Bereich der Netzhaut gehören, während die zum temporalen (Richtung Schläfe) gehörenden Bereich nicht wechseln. Der Hintergrund wird in der menschlichen Fähigkeit des 3D- bzw. Stereosehens vermutet (vgl. [2], S. 74, [3], S. 6). Nach der Sehnervkreuzung enden die Nervenzellen schließlich in verschiedenen Bereichen des Gehirns, in denen wiederum verschiedene Zelltypen für die weitere Verarbeitung der Signale zuständig sind. Mehr zum Sehprozess findest du in diesem Beitrag: Der menschliche Sehprozess.
Quellen und weiterführende Literatur
[1] Hentschel: Licht und Beleuchtung. 5. Aufl. Hüthig, Heidelberg, 2002
[2] Goldstein: Sensation and Perception. 8th Ed., Wadsworth, Belmont, 2010
[3] Goebel, Muckli, Kim: Visual System. In: Paxinos, Mai (Hrsg.): The Human Nervous System, 2nd Ed. Elsevier Academic Press, San Diego 2004